paranoia, pink

Der Wühltrog läuft über, ich tauche meine Finger ein. Nasowas. Bücher. Schwarze Molche hinter Glas, Guppys im Aquarium. Die Meerschweinchen huschen von einer Sägemehlecke in die andere. Gegenüber erhebt sich ein Tütenberg. Tulpenzwiebeln. Magenta. Grünkittel tragen Töpfe. Von links nach rechts und gradeaus. Blattpflanzen. Ich halte mich an den bunten Blättern fest. Blättere und blättere und suche das – weiß nicht was. Etwas das mich anspringt, hält, verzückt für einen Augenblick.

Im Augenwinkel bemerke ich ein kleines Mädchen. Sie steht neben mir und hat ein strahlend rosa Buch herausgefischt. Innig streicht sie über die rosavioletten Bilder. Barbie in pink. Barbie in bleu. Barbie in weiß. Sie murmelt wohlklingende Namen vor sich hin. Stella, Bella, Gwenyver. Etwas unsicher sieht sie zu mir herüber. Immer wieder. Spricht und spricht, nachdrücklich in meine Richtung. Ich will nicht reden. Das helle Blau vom Vormittag im Kopf, stiere ich noch eine Weile in meine rötlich schimmernde Pappe. Fische im Atlantik. Das stört sie nicht im geringsten. Sie spricht die Namen wie Beschwörungsformeln. Tippt mit dem Finger in das Buch. Und sieht zu mir herüber. Stella, Bella, Gwenyver. Der Singsang fällt mir in die Ohren. Ich hebe kurz den Blick in ihre Richtung, schon bricht der Damm. Es sprudelt aus ihr heraus : ob ich sie kenne – die blaue ? Die lilane. Und die weiße. Sie kennt sie alle. Die rosane – das ist ihr Lieblings. Sie hat den Film gesehn. – Kannst du lesen – frage ich. – Nein. Aber bald. Nächstes Jahr. – Dann interessiert sie sich brennend für meine Fische im Atlantik und will es wissen. – Wie heißt der hier ? Und das hier mit den vielen Beinen ? Bereitwillig buchstabiere ich. Sie lacht und freut sich an den wunderlichen Worten. Es sind die nettesten fünf Minuten seit fünf Tagen.

Bis mich aus der Entfernung ein Pfeilblick trifft. Curare. Ich spüre es so deutlich, daß es mir die Zunge lähmt. Hot pink. Die Mutter des Mädchens steht bei der Monstera und durchbohrt mich mit ihren scharfkantigen Augen ( eckig ? ) . Ehe ich begreife worum es sich handelt, nimmt ihr gespannter Körper die Form eines Projektils an. In weniger als drei Sekunden wird das Geschoss einschlagen. Die rosige Nase des Meerschweinchens vibriert. Das einzige was mir noch einfällt – ich klappe mein Visier auf und schaue sie frontal an. Weiß. Reinweiß. Sie hat den irren Blick der neuen Dekade. Traukeinemaußermeinem. Da begreife ich. Ihr flackernder Projektor wirft die verzerrten Bilder nun auch auf meine Mattscheibe. Großer Gott, doch nicht DAS. Seh ich so aus ? Sind denn schon alle wahnsinnig geworden, und ich habe es bloß noch nicht bemerkt ? Das Herz auf dem falschen Fleck, mit fremden Kindern spricht man nicht und wer andern eine Grube gräbt hat wohlgetan.

Grellrosa Stimme aus dem off : – Arabella ! Komm weg da !

– Languste ! Sage ich zum Abschied und hebe fast unmerklich den Zeigefinger. Arabella kichert ein letztes mal, ehe sie sich abwendet und in den Schatten der Monstera geht.

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