Fürstliche Verse

Das Fernsehn überrascht uns alle Tage.
Zum Beispiel damit, was die Promis machen.
Ob Royals oder Beatrix – ganz ohne Frage,
das sind gewaltig relevante Sachen.
Der Mensch legt sein Gedächtnis kurz mal weg,
jetzt weiß er nicht mehr, wo er’s hingelegt.
Und so bestaunt er noch den letzten Dreck,
stiert auf den Bildschirm, königlich bewegt.

Ein Hohenzollernspross von Gottes Gnaden
reißt seine Gusche auf, dass man nur staunt.
Schmeißt der denn heute noch den deutschen Laden?
Die Majestät blickt mild und gutgelaunt.
Wie herrlich spannend erst die Bettgeschichten,
wer wen und wie und welchen da gezeugt.
Solch Fürsten haben ihre Nachwuchspflichten,
drum wird dann auch ins Kuschelbett geäugt.

Ja, haben denn die Deutschen ganz vergessen,
woher der ganze goldne Plunder stammt,
mit dem das Pack nach Regeln und Finessen
sie ausgepresst für Kriege allesamt?
Dass wir den Wilhelm jagten bis nach Doorn?
Dort durft er doch noch siegen, vielmehr sägen.
(Der Deutsche ist bekanntlich immer vorn,
kriegt er auch tausendfach was auf den Bregen).

Der Glamour und der Glitter nerven mächtig,
wenn’s alle Naselang vom Bildschirm schallt:
Ach, anno dunnemals – wie wunderprächtig!
Man denkt, es käm schlicht mit Naturgewalt.
Mir reicht der ganze Rotz, ich kann nicht mehr.
Gestrichen steht das Zeugs mir überm Kragen.
Ich pfeif auf güldnen Protz und diesen Schmer!
Das muss ich hiermit echt genervt mal sagen.
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Mal ein anderes Thema nach diesem unappetitlichen, verlogenen Text des Herrn Kreon.

Antigone
Weder gewesene Pionierleiterin, Mitglied des Politbüros oder gar Geliebte des Staatsratsvorsitzenden (wie hier vermutet), sondern schlichte DDR-Bürgerin, nunmehr für 18 Milliarden DM zusammen mit 17 Millionen DDR-Bürgern zwangsweise verkaufte Bürgerin des Staates BRD. Hanna Fleiss: geb. 1941, wohnhaft in Berlin, Veröffentlichungen: zwei Gedichtbände "Nachts singt die Amsel nicht" und "Zwischen Frühstück und Melancholie" sowie in zahlreichen Anthologien und im Internet.

9 Kommentare

  1. wäre hier die versform nötig gewesen? landbote: ja, weil damals die bibel gelesen wurde, von denen die lesen konnten, und so erreichten die texte breite volksschichten, die zur revolution aufgerufen werden sollten. das hatte eine funktion, einen sinn. doch wie verhält es sich mit diesem text hier? das private und öffentliche fernsehen nervt, es dient dazu, die leute zu verwirren. das wissen wir – seit karcauers medienkritik aus den 20er jahren des 20. jhdts. der vorliegende text ist stärker ausdruck persönlicher, spontaner wut. aber an diesem punkt frage ich mich erneut, warum verse. mir stößt das ein bisschen sauer auf, da auch die afd und pegida derzeit ähnlich vorgehen.

  2. Hallo Chrysantheme, ich weiß nicht, was oder wie Pegida und Afd machen, ich orientiere mich doch nicht an denen. Das ist ein satirischer Text, in Reimform (meinst du das mit der „Versform“?) geschrieben, warum denn nicht? Oder soll ich hier auf edle „Kunscht“ machen bei diesem Thema? Und auch wenn wir seit Kracauer (nicht erst seit ihm!) wissen, dass der Aufklärungsauftrag der Medien gleich Null ist – es muss immer wieder gesagt werden! Viel zu viele Leute glauben noch immer, was die Tagesschau sendet, sei die reinste Wahrheit. Und plappern nach, dass die Balken wackeln. Sieh dich doch um im Netz. Versteh nicht, worauf du hinaus willst.

  3. selbstverständlich nicht! und dass es sich um eine satire handelt, ist klar. dasie aber „volksnah“ sein soll, weht es für mich sprachlich herüber. so brettl-artig, leicht bäuerlich. da weiß ich nicht so ganz, wo ich das hintun soll. ist es nicht vielleicht doch nur ein schwank? volkstheater gar? und was pegida angeht: die lieben einfache botschaften, und diese lassen sich gut in reimenden 2-zeilern rüberbringen. an sich also nichts verkehrtes – nur momentan leider etwas belastet. aber was solls – auch das wird sich in bälde erledigt haben. wenn die leute wieder vernünftiger geworden sind.

  4. Was hast du gegen die volksnahe Sprache einer Satire? Ich kann da keine „Bäuerlichkeit“ erkennen, kein „Volkstheater“. Weil also Pegida-Schreihälse ihre einfachen Botschaften reimen, darf ich also nicht mehr reimen? Ein Kurzschluss, Chrysantheme. Demnach dürfte ich auch nicht deutsch schreiben, weil Pegida ja auch deutsche Parolen schreit, viel zu deutsche Parolen, die dem Furor teutonicus anständig Futter geben. Was soll an der Satire „belastet“ sein? Eine Satire MUSS jedem verständlich sein, sonst versteht sie keiner. Aber dir geht es vermutlich um etwas anderes, nämlich das Thema. Tja, wenn man die majestätischen Verbrechen der deutschen regierenden Hohlköpfe vergessen machen und vergolden will, kann man schon leicht auf „bäuerlich“ und „Volkstheater“ kommen. Bäuerlich gleich ungebildet, ich sehe dein Naserümpfen. Dass uns aber das Fernsehen ein „Volkstheater“ vorspielt, um uns von den Gemeinheiten und Verbrechen der Gegenwart abzulenken, übersieht man da leicht. Übrigens, wir leben in einer Republik, die verschleimten Monarchien sind lang schon perdü. Zum Glück. Und ihre Bauten haben sie auf Kosten des Lebensglücks ihrer Untertanen errichten können. Sieh es mal so.

  5. ich will hier nichts vergolden. darüber redet mein text nicht, und das wird auch klar, wenn man ihn richtig liest. ich habe mit der aristokratie überhaupt nichts am hut – höchstens mit der geistigen. ich habe jetzt aber auch meine reaktion besser verstanden: es hat mit meiner mutter-problematik zu tun. ihr text erinnert mich schmerzlich an mutters geschimpfe beim fernsehabend, wenn ich dann mal zu besuch kam. mein vater und ich hatte da große schwierigkeiten, uns zu unterhalten. verzeihen sie mir den persönlichen zugriff.

  6. Meinen Sie allen Ernstes, dass das Glück der Untertanen ohne diese Bauten größer gewesen wäre? Sie verstehen doch nicht einmal sich selbst, wie sollten sie da die Architektur ihrer Zeit wert schätzen? Suppe und Brot sollten reichen. Und etwas Vitamine, Gemüse, Obst. Und nach 21 Uhr stellt der Stoffwechsel seine Arbeit nahezu vollständig ein. Alles, was Sie nach dieser Uhrzeit essen, vor allem Laktose und Gluten – wird zu Fett auf Ihren eigenen Hüften. Verursacht Blähungen und Hautausschlag. Hungern können eine Tugend, vor der nur wenige etwas verstehen – in diesen adipösen Zeiten.

    https://www.youtube.com/watch?v=-ltwwz2mYS4

  7. das hat mit landbote nichts mehr zu tun. hier ist barocke spielerey am werke. hier hat jemand spaß am reimen und leimen. das tut gut, das erleichtert. doch nachdem man sich erleichtert hat, fühlt man sich leer, und alles geht von vorne los. mit energiesparen hat das nichts zu tun, dieser ganze, auch unkörperliche, stoffwechsel.

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