Ohne Lust und Liebe

Draußen zeigte sich wieder die Krankenschwester, kurzsichtig und neugierig nach ihnen spähend. Aber im ersten Stockwerk blieb Hans Castorp plötzlich stehen, festgebannt von einem vollkommen grässlichen Geräusch, das in geringer Entfernung hinter einer Biegung des Korridors vernehmlich wurde, einem Geräusch, nicht laut, aber so ausgemacht abscheulicher Art, dass Hans Castorp eine Grimasse schnitt und seinen Vetter mit erweiterten Augen ansah. Es war Husten, offenbar, – eines Mannes Husten; aber ein Husten, der keinem anderen ähnelte, den Hans Castorp jemals gehört hatte, ja mit dem verglichen jeder andere ihm bekannte Husten eine prächtige und gesunde Lebensäußerung gewesen war, – ein Husten ganz ohne Lust und Liebe, der nicht in richtigen Stößen geschah, sondern nur wie ein schauerlich kraftloses Wühlen im Brei organischer Auflösung klang. “Ja“, sagte Joachim, „da sieht es böse aus. Ein österreichischer Aristokrat, weißt Du, eleganter Mann. Und nun steht es so mit ihm. Aber er geht noch herum.“

(Thomas Mann, Der Zauberberg, S. 16)

Ein Kommentar

  1. Manche Dinge müssen eben ohne Lust gehen: Mathehausaufgaben, Geschirrspüler ausräumen oder das Horizontale. Also das gewerbliche.
    Bleibt nur noch weniges für Lust UND Liebe übrig: Plätzchen backen, lesen, Musik hören, essen.

    Und schreiben? Mmh. Ohne Anerkennung? Wenigstens ein klitzekleines Kommentärchen. Wenn schon kein Geld. Bloß kein Geld! Das wäre sonst gewerblich. Und das wiederum… siehe oben.
    Ich hänge nun meinen Gedanken nach, wofür es sich flachzulegen, also krummzubiegen lohnt.

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